Integration einer Gender-Perspektive in alle Compliance-Bemühungen

29.10.2020

Lateinamerika, online

Advisory Group Brazil paves the way for a sustainable future of the initiative

Korruption ist ein Phänomen, das alle Teile der Gesellschaft betrifft. Dennoch wird in den wenigsten Fällen der Zusammenhang zwischen Gender und Korruption erkannt. Dieser Nexus bringt Frauen in eine verletzliche und benachteiligte Position, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Vor diesem Hintergrund führte die Allianz für Integrität eine dreiteilige Veranstaltungsreihe durch, die darauf abzielte, die komplexe Beziehung zwischen Gender und Korruption zu ergründen, um so einen ersten Schritt zur Förderung der Rechte von Frauen und zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle zu machen. Verschiedene Expert*innen aus Lateinamerika diskutierten zentrale Herausforderungen und präsentierten bewährte Praktiken für den Umgang mit Korruption in Bezug auf Gender. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, weitere Maßnahmen anzustoßen, um Integrität, Gleichberechtigung und eine bessere Lebensqualität durch die Ermächtigung und Einbeziehung von Frauen zu gewährleisten.

Unter dem Titel „Wie wirkt sich Korruption in der Wirtschaft auf Frauen aus?“ führte die Auftaktveranstaltung in das Thema ein und stellte bewährte Praktiken vor. Zu Beginn der Diskussionsrunde erklärte Mónica Cortes, CEO von Equilátera, dass wesentlich mehr Frauen im informellen Sektor arbeiten als Männer. Auch ist der Anteil an Frauen in Einstiegspositionen hoch, wohingegen er in Führungspositionen gering ausfällt. Dies führt zu erheblichen geschlechtsspezifischen Unterschieden. Infolgedessen sind Frauen tendenziell stärker von Korruption, häufig auch sexueller Natur, betroffen als ihre männlichen Kollegen. Um dieses Problem zu überwinden, ist es unerlässlich, dass Unternehmen eine Gender-Perspektive in all ihre Prozesse integrieren. In der Praxis mangelt es jedoch noch an der Bereitschaft, dieser Forderung nachzugehen. Darüber hinaus fehlen sichere Plattformen, auf denen Frauen ihre Erfahrungen im Umgang mit Korruption und anderen geschlechtsspezifischen Herausforderungen austauschen können. In diesem Zusammenhang betonte Sabrina Cejas, Standort-Compliance für Argentinien bei Newmont Corporation, dass Frauen ihre Erfahrungen über den Zusammenhang zwischen Gender und Korruption austauschen müssen, um voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen zu können. „Wir müssen uns stärker für die Sichtbarkeit von Frauen in der Wirtschaft einsetzen. Es ist wichtig, eine inklusive Kommunikation zu fördern und Schulungen zu Diskriminierung und geschlechtsspezifischer Gewalt anzubieten“, erklärte Betina Azugna, CSR-Managerin bei Grupo Sancor Seguros. In der Vergangenheit hat es sich bewährt, einen Gender-Beauftragten oder eine Gender-Beauftragte zu benennen, der oder die für die Förderung und Überwachung der Geschlechtergleichstellung verantwortlich ist. Daneben ist ein klarer ‚Tone from the Top‘ entscheidend. „Diversität muss ein zentraler Teil der Unternehmenskultur sein. Dies muss klar kommuniziert und von der Führungsebene vorgelebt werden“, schloss Lisa Witthohn, Rechtsberaterin bei Transparency International Guatemala.

Anknüpfend an die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung legte das zweite Panel den Fokus auf das Thema „Sextortion“. Anhand von Statistiken, Informationen und bewährten Praktiken diskutierten regionale Expert*innen, wie das Problem effektiv angegangen werden könne. Als Ausgangspunkt hob Luciana Torchiaro, Regionale Beraterin für Lateinamerika und die Karibik bei Transparency International, hervor, dass Sextortion von Anti-Korruptions- und Compliance-Fachleuten noch nicht ausreichend berücksichtigt wird.

Das mag daran liegen, dass der Begriff noch nicht klar definiert ist, wenig Informationen zu diesem Thema existieren und es keinen etablierten Rechtsrahmen gibt. „Umso wichtiger ist es, Frauen in der Wirtschaft zu stärken und ihnen die nötigen Werkzeuge an die Hand zu geben, um Sextortion zu verhindern“, betonte Noelia De Belder, leitende Rechtsanwältin bei Beccar Varela. Als geeignetes Instrument empfahl sie die Einrichtung von Meldekanälen, um Fälle anonym zu berichten, sowie die Einbeziehung von mehr Frauen in Führungspositionen. Susana Silva Hasembank, Expertin für Integrität in der öffentlichen Verwaltung, fügte hinzu, dass es auch entscheidend sei, Personal- und Compliance-Abteilungen zu Gender-Themen zu schulen und Compliance-Programme mit einer Gender-Perspektive zu entwickeln, die Sextortion erkennen. Dies kann nur dann in die Praxis umgesetzt werden, wenn die Unternehmensführung eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Sextortion vorgibt. Das Problem kann jedoch nicht von der Privatwirtschaft allein gelöst werden. Es bedarf nicht nur der rechtlichen Anerkennung, sondern auch der kontinuierlichen Bemühungen aller beteiligten Akteure, Informationen zu sammeln, um das Problem gemeinsam zu bekämpfen.

Das Abschlusspanel beschäftigte sich mit der „Rolle von Compliance innerhalb der Gender-Strategie des Unternehmens“. Vor welchen Herausforderungen stehen Compliance-Beauftragte in geschlechtsspezifischen Prozessen und wie können sie zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen? Diese und andere Fragen diskutierten Maria Agustina Carbon, Leiterin der Abteilung Business Conduct and Regulations bei Grupo Gire, María Barbara Marcen, leitende Compliance-Beaftragte bei Baker McKenzie, und Ricardo Jungmann, Direktor des Master in Unternehmensrecht an der Katholischen Universität Chile. Als größte Herausforderung nannten sie das mangelnde Wissen in Unternehmen über den Zusammenhang zwischen Gender und Korruption. Folglich muss mehr getan werden, um das Bewusstsein zu schärfen, die Führungsebene zu sensibilisieren und alle Mitarbeitenden in Bezug auf Integrität und Genderfragen zu schulen. Dieses ambitionierte Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn das leitende Management eine führende Rolle übernimmt und sein Engagement für Geschlechtergerechtigkeit klar zum Ausdruck bringt. Auch ist es ratsam, umfassende Richtlinien und einen Verhaltenskodex zu entwickeln, der die Mitarbeitenden in geschlechtsspezifischen Fragen anleitet.

Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, um den Nexus zwischen Gender und Korruption umfassend zu ergründen. Die Ergebnisse der Dialogreihe haben einen Grundstein gelegt, der nun weiterverfolgt werden muss. Dabei ist das Engagement aller beteiligten Akteure unerlässlich, um Gender-Themen nachhaltig in die Compliance-Bemühungen zu integrieren. Wenn Sie mehr über den Zusammenhang zwischen Gender und Korruption erfahren möchten, laden wir Sie ein, unsere Themenseite zu besuchen.

Autorin: Nuria Pérez González 

 

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